Viele von uns Wackelhälsen haben eine genetische Bindegewebserkrankung, wie das Ehlers-Danlos (EDS)-, das Marfan-Syndrom (MFS) oder die Hypermobility Spectrum Disorder (HSD). Sie produzieren also fehlerhaftes Kollagen. Glücklicherweise gibt’s Kollagen in Form von Pulver oder Kapseln überall zu kaufen. Ist der Medizin und uns Instabilos da etwa was entgangen?


Was ist Kollagen?

Hereditäre (erblich bedingte) Kollagenstörungen, wie EDS, MFS oder HSD gelten als seltene, aber umso haarsträubendere Erkrankungen, die den gesamten Organismus beeinflussen können. Das liegt daran, dass Kollagen so gut wie überall im Körper vorkommt. Aber wieso eigentlich? Was kann denn dieses Kollagen, dass man’s überall braucht?

Kollagen ist ein Protein(Eiweiß)molekül und Kollagene sind Gruppen verschiedenartiger Proteine. Sie sind Teil des Bindegewebes, welches alle Gewebearten und Organe im Körper verbindet und stützt.

Kollagen besteht aus Aminosäuren, also Proteinbausteinen. Von denen gibt es 20 unterschiedliche. Neun davon sind essentielle Aminosäuren, das heißt, sie können nicht einfach über die Nahrung in den Organismus gelangen. Sie heißen:

  • Histidin
  • Isoleucin
  • Leucin
  • Lysin
  • Mezhionin
  • Phenylalanin
  • Threonin
  • Tryptophan
  • Valin

Die übrigen, die sogenannten nichtessentiellen Aminosäuren, können über die Nahrung aufgenommen und vom Körper gebildet werden.

Im Kollagenmolekül kommen vor allem die Aminosäuren Glycin, Prolin und Hydroxyprolin vor.

Kollagen-Facts

Es gibt 28 verschiedene Typen von Kollagen (Ricard-Blum, 2011). Sie alle sind entsprechend eines genetischen Bauplans aus drei langen Strängen Aminosäuren aufgebaut, die sich spiralförmig umeinander wickeln (Tripelhelix). Diese Stränge, sogenannte Alpha-Ketten oder Polypeptide, können über 3000 Aminosäuren beinhalten (Gordon & Hahn, 2010). Fünf der 28 Kollagentypen stelle ich euch kurz vor:

  • Kollagen Typ I taucht im Körper am häufigsten auf, vor allem in Haut, Sehnen, Knochen, Dentin (Zahnbein), Faszien, Gefäßen und in inneren Organen.
  • Kollagen Typ II hilft, den Bewegungsumfang, die Kraft und Flexibilität von Gelenken zu verbessern. Es ist zu finden in Knorpeln und im Glaskörper des Auges.
  • Kollagen Typ III kommt in der Haut, im Uterus und in den Blutgefäßen im Darm vor.
  • Kollagen Typ IV ist eher selten, aber dennoch wichtig. Zum Beispiel für die Embryobildung und die Wundheilung. Man findet es auch in der Augenlinse und in der Zellmembran von Haut- und Gefäßzellen.
  • Kollagen Typ V ist für die Bildung anderer Kollagentypen wichtig.

Kaputte Kollagene

Nun ist klar: Nichts geht ohne Kollagene, denn sie sind überall im Körper. Faserförmig angeordnet bilden sie das, was wir unter Bindegewebe verstehen und vor allem als Schutz-, Stütz- und Verbindungsgerüst im Körper dient.

Mit diesem Wissen fällt es nicht schwer, sich vorzustellen, was es für die Gesundheit des Körpers bedeutet, wenn das Bindegewebe nicht richtig funktioniert. Menschen mit EDS, MFS oder HSD können ein Lied davon singen. An nicht ganz so dunklen Tagen, wenn eine Prise Selbstironie aufkommt, würde der eine oder andere Betroffene vielleicht sagen: „Ich falle auseinander.“

Aber da stellt sich sogleich eine spannende Frage: Weshalb ziehen Menschen, deren Kollagene nicht tun, was sie sollen, nicht einfach los, um sich funktionierendes Kollagen zu beschaffen? Das gibt es doch schließlich in allen möglichen Formen und Farben und mittlerweile sogar mit Erdbeergeschmack.

Was Bindegewebserkrankungen sind und was nicht

Vielleicht erstmal zur begriffen Abklärungen: EDS, MFS und HSD bedeuten nicht, dass es dem Körper an Kollegen mangelt. Sondern das Kollagen, das durchaus ausreichend oder zumindest altersentsprechend vorhanden ist, wird durch mutierte Gene fehlerhaft gebildet.

Stellt’s euch so vor: Der Architekt war im Studium Kreide holen und der Bauleiter setzt es trotzdem um.

Kollagen zu schlucken, mit den Ziel, die unvollkommen produzierten Kollagene zu füllen oder zu ersetzen, kommt also etwa dem Versuch eines solchen unfähigen Architekten gleich, sein wackeliges Konstrukt zu reparieren, indem er sich nachträglich Wissen aneignet, welches er glaubt durch – Achtung, flacher Wortwitz – das Verputzen von Gehirnen zu gewinnen. Nur für den Fall: Beides funktioniert nicht. Und ich verrate euch gern, warum.

Lecker, Hirn. (Bild: Imagine AI)

Not that simple

Wäre es so, dass alles, was wir aufnehmen, 1:1 in unseren Organismus eingebaut werden könnte – wie Ersatzteile in ein Fahrrad -, könnte die Sache mit dem Kollegen vielleicht funktionieren. Obwohl, wahrscheinlich auch dann nicht. Denn bei so vielen unterschiedlichen Kollagen-Typen müsste man genau dasjenige welche zu sich nehmen, was im Körper nicht tut, was es soll. Kollagenprodukte sind da eher eingeschränkt und können obendrein nicht dazu beitragen, EDS und Co besser zu verstehen, als wir es bis jetzt tun. Allein die sich verdichtende Datenlage zum Zusammenhang von EDS und dem Einsatz von Herbiziden lässt aufhorchen und zugleich Zweifel aufkommen, dass Kollagensubstitution einen Ausweg bieten könnte.

Davon abgesehen ist unser Körper kein Fahrrad. Er muss alles, was in ihn hineingelangt, selbst schicke Ersatzteile, fachgerecht in Einzelteile zerlegen und umwandeln, um etwas damit anfangen zu können. Kollagen, das wir als Pulver oder in Kapselform aufnehmen, bildet keine Ausnahme. Da es sich dabei um ein Protein handelt, wird es wie gehabt in seine Einzelteile gespalten, also zu Aminosäuren oder noch kleiner. Manche dieser Aminosäuren können vielleicht sogar genutzt werden, um Kollagene zu bilden – aber eben immer noch nach einem fehlerhaften Bauplan.

Heißt also: Kollagene kann man schon schlucken, EDS, HSD oder MFS hat man aber weiterhin.

Doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Auch wenn man sich mit Kollegenpulver und Co nicht von EDS und dergleichen heilen kann, gibt’s zumindest Möglichkeiten, die körpereigene Kollagenproduktion zu unterstützen.

Den Kollagenbau fördern, Kollagenhemmer meiden

Wenn der Körper etwas produziert, greift er auf bestimmte Bausteine zurück. Für Kollagene sind dies vor allem Vitamine, insbesondere Vitamin C (Kishimoto et al., 2013).

Aus Aminosäuren allein können keine oder allenfalls nur schadhafte Kollagene entstehen, wenn Vitamin C fehlt. Enzyme, die für die Bildung von Kollagenen zuständig sind, werden nämlich erst durch Vitamin C aktiv (ebd.). Lebensmittel wie Hagebutte, Erdbeere, Brennnessel, Petersilie, Paprika und Rosenkohl sind reich an Vitamin C. Hier erfahrt ihr mehr zu diesem Vitamin.

Und erinnert ihr euch an Madora Pennington und wie sie mit täglichen Vitamin C-Injektionen ihre EDS-Erkrankung in den Griff bekam? Seht ihr mal, was Vitamine bewirken können. Hier geht’s zum Beitrag.

Demgegenüber sollte man natürlich auch Faktoren im Auge behalten, die die Kollagenproduktion hemmen. Zum Beispiel:

  • Viel Zucker und raffinierte Kohlenhydrate
  • Ultraviolette Strahlung (Bosch et al., 2015)
  • Rauchen (Knuutinen et al., 2002)
  • Altern (aber was soll man machen?)

Und hier gibt`s noch ein kompaktes Video, das gut zum Thema passt. Viel Spaß beim Angucken!

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Benito-Ruiz et al. (2009). A randomized controlled trial on the efficacy and safety of a food ingredient, collagen hydrolysate, for improving joint comfort. International Journal of Food Sciences and Nutrition, 60: 99-113

Bosch, R. et al. (2015). Mechanisms of Photoaging and Cutaneous Photocarcinogenesis, and Photoprotective Strategies with Phytochemicals. Antioxidants (Basel, Switzerland)4(2), 248–268. https://doi.org/10.3390/antiox4020248

Choi, Y. L. et al. (2014). Dermal Stability and In Vitro Skin Permeation of Collagen Pentapeptides (KTTKS and palmitoyl-KTTKS). Biomolecules & therapeutics22(4), 321–327. https://doi.org/10.4062/biomolther.2014.053

Gordon, M. K., & Hahn, R. A. (2010). Collagens. Cell and tissue research339(1), 247–257. https://doi.org/10.1007/s00441-009-0844-4

Kishimoto, Y., et al. (2013). Ascorbic acid enhances the expression of type 1 and type 4 collagen and SVCT2 in cultured human skin fi broblasts. Biochem Biophys Res Commun, 430(2): p. 579-84.

Knuutinen, A. et al. (2002). Smoking affects collagen synthesis and extracellular matrix turnover in human skin. The British journal of dermatology, 146(4), 588–594

Ricard-Blum S. (2011). The collagen family. Cold Spring Harbor perspectives in biology3(1), a004978. https://doi.org/10.1101/cshperspect.a004978