Jeden Tag entdecke ich neue Knoten im gigantischen Geflecht meiner Erkrankung. Beim Versuch, sie zu entheddern, stoße ich auf Fäden, von deren Existenz ich bis dahin nicht mal phantasieren konnte. Immerhin habe ich jetzt zumindest eine grobe Ahnung, wie gut ich trotz Achtsamkeit darin bin, mich selbst (unabsichtlich) zu töten.


Das Alpha und das Omega

Wie war das noch gleich mit dem oxidativen Stress? Nicht, dass ich es nicht schon ein oder zweimal erwähnt hätte, aber nur um ganz sicher zu gehen: „Oxidativer Stress entsteht, wenn die oxidierende Radikalbildung stärker ist als der Körper sie durch reduzierende, radikalfangende Maßnahmen kompensieren kann, also wenn der Schadstoffanfall größer ist als er mit Hilfe von Mikronährstoffen neutralisiert werden kann.“ (Kuklinski & Lunteren, 2019).

Von nitrosativem Stress, der bei uns Instabilos ja noch obendrauf kommt, möchte ich gar nicht erst nochmal anfangen. Aber dennoch müssen wir Halswirbel-Malträtierten uns wohl oder übel damit abfinden: Oxidativer Stress, vor allem was er mit unseren Mitochondrien anstellt, ist das Alpha und das Omega. Das bedeutet: Er ist alles Übel und gleichzeitig unsere beste Chance bei der Bewältigung unserer Symptome.

Schaffen wir es, unsere alltäglichen Stressbelastungen möglichst gering zu halten, können unsere ausgelaugten Mitochondrien mit dem Symptom-Stress durch unsere HWS-Beschwerden wesentlich besser fertig werden. Doch dazu muss man natürlich wissen, worauf genau dabei zu achten ist.

Die Stressliste

Also wieso nicht eine Liste erstellen? Damit sofort klar wird, wo heimtückischer Stress, mit dem wir im Stress gar nicht rechnen, überall lauert:

  • zu Hause

Na, das geht ja schon mal gut los. Dabei ist es zu Hause doch eigentlich am schönsten. Ja, das stimmt wohl auch. Aber es ist dort auch am schädlichsten. Die Schadstoffbelastung, die man am liebsten nur mit Autoabgasen in Verbindung bringt, ist innerhalb unserer vier Wände wesentlich stärker ausgeprägt als draußen. Das liegt zum einen daran, dass wir inmitten unserer vier Wohnwände von allerlei Baumaterial, Möbeln und Chemikalien umgeben sind. Begonnen bei Holzschutzmitteln und lange nicht geendet bei unserem Shampoo (Tenside: hemmen den Energietransport in und aus den Mitochondrien). Kuklinski (2019) schreibt: „Wem ist schon bewusst, dass jegliche Cremes […] oder sonstige Pflegeprodukte mit all ihren Bestandteilen […] über die Haut in das Körperinnere gelangen – so als hätte man sie gegessen, aber ohne dass die Leber, die als erster Schutzwall für die Verwertung von Nahrung fungiert, dabei hätte aufpassen können!“ All das kombiniert mit der mangelnden Bereitschaft, stündlich das Fenster zu öffnen. Regelmäßiger Luftaustausch ist jedoch wichtig, um all die bösen Dämpfe zu neutralisieren und unsere Mitochondrien zu pflegen. Bonus: (viele) HWS-Symptome machen die Flatter. Kleiner Wermutstropfen: Lüften hat nur einen kurzen Effekt. Sobald das Fenster wieder zu ist, herrscht Status quo.

  • Sonne

What? Sonne ist doch gesund. Vitamin D und so. Was hat diese Frau jetzt schon wieder geraucht, denkt ihr jetzt bestimmt. Keine Sorge, zum Rauchen kommen wir noch. Was die Sache mit der Sonne betrifft, schreiben Kuklinski und Lunteren (2019) Folgendes: „Wie rasch sich oxidative Stresszustände entwickeln können, zeigen Verlaufsuntersuchungen. Beschleunigter Stoffwechsel zum Beispiel durch […] Sonneneinstrahlung […] können zu kurz- oder langfristigen Anstiegen führen. Während wohldosierte und sich häufig wiederholende oxidative Stressbelastungen Schutzmechanismen auslösen und damit die Gesundheit stärken, bewirken Extreme das Gegenteil.“ (Anmerkung: Bei HWS-Geplagten liegt diese Schwelle vermutlich weeeeeit tiefer, wodurch auch kleinere Belastungen schädlich wirken können.) Die Autoren schreiben unter anderem extremem Sonnenbaden (ohne vorherrschende Bräune) eine große Schädigungswirkung zu. Nachhaltig steigerten diese das MDA (Malondialdehyd = wichtiger Marker für oxidativen Stress), wodurch zugleich verständlich wird, weshalb schon vorherrschende Erkrankungen bei Sonneneinstrahlung schlimmer werden: zu viel oxidativer Stress. Aber: Vitamin D ist und bleibt wichtig! Darum werde ich mich nicht vor der Sonne verstecken, sondern es wie immer handhaben: Sobald ich mich nicht mehr wohlfühle, ab in den Schatten. 😉

  • Rauchen

Rauchen tötet! Diese Botschaft wird schon seit einer Weile durch gruselige Bilder auf Zigarettenschachteln transportiert – ist also nichts Neues. Richtig abgefahren wird es, wenn auch noch Alkohol ins Spiel kommt. Schnapsrauchdrosseln aufgepasst: „Beim Trinken von Alkohol entstehen […] Acetaldehyde. Ein dabei auftretendes Oxidationsprodukt ist das Perioxid der Essigsäure. Der gleiche Stoff wird von der Chemieindustrie zur Herstellung von Kunststoffen benutzt, weil er zur […] (Riesenmolekülbildung) von ungesättigten […] Substanzen führt. Im Rauch sind diese ungesättigten Substanzen […] vorhanden. Als Ergebnis des Aufeinandertreffens dieser beiden Stoffe in unserem Organismus, beginnt dieser, Epoxidharze herzustellen. Etwas auf die Spitze formuliert, ist der Mensch, der stark raucht und stark trinkt, dabei, sich selbst von innen heraus zu plastifizieren.“ (Kuklinski & Lunteren, 2019)
Schon gruselig, oder? Zum Glück rauche und trinke ich nicht. Ich trinke brav mein Leitungswasser und… Oh…

  • Wasser

Was im Wasser alles schwimmt, will ich eigentlich gar nicht wissen. Chlor, klar, denn es muss ja sauber sein. Nur ist Chlor nicht unbedingt gesund. Es wegzulassen, ist allerdings auch keine Lösung, denn verunreinigtes Wasser ist sogar noch ungesünder. Doch Wasser ist nicht gleich Wasser. Das Chlor in Schwimmbädern ist um einiges chlorlastiger. Kuklinski (2020) schreibt: „Bei einem zweistündigen Schwimmtraining in gechlortem Wasser werden vier bis sechs Gramm Chlorgas eingeatmet. Arbeitsmediziner müssten bei solchen Werten den Arbeitsplatz sperren!“
Doch Chlor ist nicht das einzige Problem. Hinzu kommen Rückstände von Medikamenten (Hormone, Antibiotika…), Nitrate, die im Körper Stickstoffmonoxid (NO) bilden und Vitamine fressen, bis hin zu Fluor und Biociden – alles Zeuch, was wir nicht im Körper brauchen. Leitungswasser trinken ist also eher ungünstig. Quellwasser aus Glasflaschen muss her.

  • Nahrung

Tja, es ist leider wahr: Nicht mal was essen kann man, ohne sich zu zerlegen. HWS-Geplagte reagieren besonders empfindlich auf Kohlenhydrate. Warum? Weil nitrosativer Stress einerseits deren Verarbeitung erschwert, sodass das Zellmilieu sauer wird und sich noch mehr oxidativer Stress entwickelt. Andererseits entsteht aus kohlenhydratreicher Nahrung Laktat und das wiederum stört die Bildung von Adenosintriphosphat (ATP), also von Energie. Und damit gibt’s auch mehr Symptome. Blöd, dass auch noch Gemüse und Obst schadstoffverseucht sind. Am besten lasse ich die Nahrung einfach weg und ersetze sie durch Vitaminpillen. Doch damit die wirken können, ist eine gute Verdauung nötig – die wiederum nur durch gute Nahrung erreicht wird. Also stecke ich in einer Zwickmühle. Das Beste wird sein, ich hole mir einen Döner und denke in aller Ruhe darüber nach.

  • Bewegung

Sport ist Mord – wusste ich schon immer. Doch ohne Bewegung geht’s eben auch nicht. Man muss schließlich irgendwie zum Kühlschrank gelangen. Die Sache mit dem Mord gilt aber genaugenommen nur für Marathonläufer und Ausdauersportler/Shopping Queens (autsch, das tut weh…), da derartige Belastungen Mitochondrien garstig schikanieren. Sowas muss man wissen, finde ich, da selbst körperliche Betätigung unter dem Einfluss unserer Leistungsgesellschaft steht. Wer auf Instagram Beachtung erfahren möchte, muss täglich mindestens einmal halbnackt um die Welt joggen und sich parallel die Haare glätten. Klar ist sowas spektakulär, aber eben auch selbstzerstörerisch.
Ich bleibe also lieber bei meinen Spaziergängen durch den Wald (besonders da frische Luft verhindert, dass NO sich an meine knuddeligen Mitochondrien bindet). Auch mein Parasympathikus hat dann mal Gelegenheit, ins Rampenlicht zu kommen.

  • Bloggen

Ja, sogar das ist tödlich! Allen Bloggern sollte man Medaillen verleihen bei der Menge an Elektrosmog, die ihnen täglich ins Gesicht springt. Alles harmlos, will man uns weismachen; doch Kuklinski und Lunteren (2019) stellen fest: „Zumindest die Autoindustrie scheint dies anders zu sehen. Dort investiert man inzwischen Millionenbeträge für sogenannte elektromagnetische Verträglichkeitsprüfungen (EMV).“ Die Autoren mahnen: „Solange der Mensch sich bewegt, heben sich die Einwirkungen diverser […] Felder weitestgehend auf. Erst wenn er ruht, richten sich magnetische Dipole wie Fettsäuren oder Eiweiße und paramagnetische Stoffe wie freie Radikale […] unter anderem nach den Magnetfeldlinien aus. Damit ändern sich zuerst die physikalischen und als Folge auch die chemischen Eigenschaften von zum Beispiel Zellmembranen […]“

Döner?

Deprimierend, oder? Und deshalb habe ich jetzt auch keine Lust mehr, noch mehr aufzuzählen. Kuklinskis Stressliste ist sowieso pragmatischer. Zwar steht sie unter dem Aspekt nitrosativen Stresses, aber wir wollen mal nicht päpstlicher sein als der Papst.
Hier also die gefürchtete Liste selbsttödlicher Stressauslöser:

  • Vererbung (dazu gibt’s auch schon einen Blogbeitrag)
  • Gifte
  • Schwermetalle
  • Sauerstoffmangel
  • Infektionen
  • Impfungen
  • Desensibilisierungen
  • chronischer Stress
  • exzessive physische Belastung
  • chronische Entzündungen
  • Parodontose
  • chronisch obstruktive Bronchitis
  • Bauchspeck
  • instabile Kopfgelenke/Halswirbel
  • nitratreiche Nahrung
  • Grillen
  • kohlenhydrat- und zuckerreiche Kost
  • Bestrahlung
  • vitaminarme Ernährung
  • vegetarische Kost
  • Rauchen
  • Alkohol
  • Medikamente (Antidepressiva, Chemotherapeutika, Immunsuppressiva, Paracetamol…)
  • älter werden (gaaanz schlimm!)

Also: Wer geht jetzt mit, Döner holen? Dann sind wir immerhin in Bewegung und die Magnetfelder können uns nix! Bleibt zu hoffen, dass nicht auch noch Lachen tödlich ist…


Kuklinski, B. & Lunteren, I. (2019). Gesünder mit Mikronährstoffen. Schützen Sie Ihre Zellen vor freien Radikalen. Aurum.
Kuklinski, B. & Schemionek, A. (2020). Mitochondrientherapie – Die Alternative. Aurum.