Kennt ihr das? Wenn ihr euch ausnahmsweise dazu hinreißen lasst, ganz kurz eure Maske abzulegen und der Welt zeigt, dass es euch schlecht geht?


Aliengedanken

Wenn ihr nicht lacht oder schnurgerade am Tisch sitzt und eure Mitmenschen euch für diese Haltlosigkeit plötzlich nicht mehr ansehen, so, als wollten sie ein Exempel statuieren? Als ob sie sagen wollten: „Lass es sein, wir kennen die Leier schon. Du bist nicht die Einzige mit Problemen, also glaub nicht, dass jemand dir den Kopf streichelt.“ Hat man da nicht allen Grund, sich wie ein Alien vorzukommen?

Leckerli für Kranke

Im Grunde ist es ja gar kein schlechter Gedanke, jemandem, der krank ist, demonstrativ die kalte Schulter zu präsentieren. Schließlich ist jedem klar: Krankheit zieht automatisch Aufmerksamkeit auf sich und Aufmerksamkeit ist für jeden Kranken etwas Gutes – fast wie ein Leckerli. Es ist daher nur logisch, dass Krankheit von ganz allein verschwinden muss, sobald dieser keinerlei Beachtung mehr zukommt.

Man muss zufrieden sein

Oder ist es eher anders? Könnte es sein, dass körperliche Gebrechen still und heimlich zu einer Art Angeberei deklariert worden sind, die mittlerweile niemand mehr aushalten möchte? Wenn ich tagsüber ein Ohr auf die Straße werfe, erscheint mir auch das gar nicht unbegründet. Denn immer stehen da zwei oder mehrere Personen, die versuchen, sich mit ihren Leidensgeschichten gegenseitig zu überbieten. Die üblicherweise stets beigemengte Muss ja-Floskel – aka: „Man muss zufrieden sein“ – beabsichtigt zwar scheinbar das Gegenteil, jedoch trägt sie die Wucht an triumphaler Unzufriedenheit nicht im Geringsten ab – sondern legt eher noch eine Schippe obendrauf. Insofern ja, Kranksein ist längst kein zu bemitleidender Zustand mehr. Krankheit ist ein Lifestyle und noch dazu einer, der polarisiert. Es sollte jedoch nicht vergessen werden: Neben Menschen, die ihre Krankheiten mit Freude ausschlachten, gibt es noch immer jene, die es lieben würden, nicht wie ein Alien behandelt zu werden.