Anfang der 90er Jahre entwickelten Christian Gröbli und Ricky Weissmann eine neue Therapiemethode zur Behandlung myofaszialer Triggerpunkte und der Faszien: Dry Needling. Seitdem hat die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie (DGSA) diese Methode kontinuierlich weiterentwickelt und verbreitet. Heute gilt sie als eine etablierte und erfolgreiche Technik, die weltweit in der Schmerzbehandlung angewandt wird. Aber was genau ist Dry Needling überhaupt, und worin unterscheidet es sich von der jahrtausendealten Technik der Akupunktur?


Was ist Dry Needling?

Dry Needling ist eine moderne Behandlungsmethode, die zunehmend in der physiotherapeutischen Praxis eingesetzt wird, um Muskelverspannungen und Schmerzen zu lindern. Dabei werden dünne Nadeln ohne Medikament (daher der Begriff „dry“, englisch für „trocken“) in Triggerpunkte oder verspannte Muskeln eingeführt, um eine Entspannung zu fördern und Schmerzen zu reduzieren. Die Methode basiert auf westlichen anatomischen und neurophysiologischen Prinzipien.

Gut zu wissen: Triggerpunkte sind empfindliche Stellen in der Muskulatur, die bei Druck oder Anspannung Schmerzen auslösen können. Sie sind oft als kleine Verhärtungen oder Knoten in den Muskelfasern zu fühlen. Diese Punkte sind nicht nur lokal schmerzhaft, sondern können auch Schmerzen in andere Körperregionen ausstrahlen, die sogenannten übertragenen Schmerzen. Triggerpunkte entstehen häufig durch Überlastung, Verletzungen, Fehlhaltungen oder Stress und können zu anhaltenden Muskelschmerzen, Bewegungseinschränkungen und einer allgemeinen Beeinträchtigung des Wohlbefindens führen.

Vorgehen

Beim Dry Needling werden dünne, sterile Nadeln verwendet, die direkt in die Triggerpunkte innerhalb der verspannten Muskulatur eingeführt werden. Diese Methode zielt darauf ab, eine lokale Zuckungsreaktion des Muskels zu provozieren. Dies ist eine kurze, spontane Kontraktion, die durch das Einstechen der Nadel ausgelöst wird. Die lokale Zuckungsreaktion wird als ein Schlüsselmechanismus angesehen, um den Muskel zu entspannen, den Blutfluss zu verbessern und entzündliche biochemische Stoffe zu reduzieren, die mit Schmerzen und Muskelspannung in Verbindung stehen.

Klingt wie Akupunktur. Oder?

Dry Needling vs. Akupunktur

Auch wenn beide Ansätze mit Nadeln zu tun haben, sind Dry Needling und Akupunktur nicht das Gleiche. Ein wesentlicher Unterschied liegt in den zugrundeliegenden Philosophien und Ansätzen. Akupunktur ist eine Schlüsselkomponente der traditionellen chinesischen Medizin und basiert auf dem Konzept der Energieflüsse (Qi) im Körper, die durch das Einführen von Nadeln in spezifische Akupunkturpunkte entlang der Meridiane beeinflusst werden sollen – das Anwendungsgebiet ist demnach sehr breit. Dry Needling hingegen gründet auf der modernen westlichen Medizin und zielt spezifisch darauf ab, durch das Anstechen von Triggerpunkten Muskelverspannungen und Schmerzen zu behandeln.

Nadeln sind nicht gleich Nadeln. (Bild: wirbelwirrwarr)


In der Regel wird Dry Needling von Physiotherapeuten, Chiropraktikern oder anderen medizinischen Fachkräften durchgeführt, die eine spezielle Schulung in dieser Technik absolviert haben. Akupunkteure hingegen haben oft eine umfassende Ausbildung in der traditionellen chinesischen Medizin und sind spezialisiert auf Akupunktur als Behandlungsform.

Die Wahl der Methode

Trotz dieser Unterschiede haben sowohl Dry Needling als auch Akupunktur das gemeinsame Ziel, Schmerzen zu lindern und das Wohlbefinden der Patienten zu fördern. Die Wahl der Methode hängt von den individuellen Vorlieben und Bedürfnissen des Patienten, den spezifischen Beschwerden und den Vorlieben des behandelnden Therapeuten ab.

Viel Spaß beim nadeln lassen!