Da meine Optionen stark geschrumpft sind und Unkonventionelles (wenn man das überhaupt so nennen kann) in letzter Zeit eine starke Anziehungskraft auf mich ausübt, bat ich neulich eine Geistheilerin um ihre Dienste.

Warum auch nicht, dachte ich. Der Placeboeffekt ist schließlich nicht zu unterschätzen und theoretisch stecken in jedem von uns ungeahnte Selbstheilungskräfte, die erweckt werden wollen. Theoretisch.

Mir war klar, dass ein Geistheiler mich nicht nach Belieben umbauen könnte. Sondern in erster Linie nur ich selbst, durch meinen Glauben und meine Absicht, Heilung oder auch Heilungsinformation zuzulassen – so die Idee dahinter. Nur ist das wirklich einfacher gedacht als getan. Schließlich glaubt jeder von uns, dass es für Heilung immer erst den Onkel Doktor braucht. Und dieser Glaubenssatz blockiert ungemein.

Was Gedanken können

Obwohl unsere Vorstellung von getrennter Materie, also Körpern, die nichts miteinander zu tun haben, da ihre Oberfläche sie von allem anderen abgrenzt, mittlerweile als überholt gilt, fällt es schwer, einzusehen, dass wir über gewaltige Selbstwirksamkeit verfügen. Doch unser Einfluss ist tatsächlich enorm. Auch auf andere.

Das beginnt schon bei unseren Gedanken. Gedanken stehen am Anfang einer jeden Absicht – naja, vielleicht auch umgekehrt (doch dazu später etwas mehr) – und bilden somit den Nährboden dessen, was wir erschaffen wollen. Doch was, wenn wir insgeheim gar nicht wollen, dass sich etwas ändert? Weil es im Grunde gar nicht übel ist, etwas zu haben, worüber man sich beklagen kann. Da können Geistheiler noch so überzeugend sein. Krankheit oder jede andere Art des Ungeschicks hat nun mal auch immer etwas Gutes.

Heiler vs. „Heiler“

Doch nun zum Wesentlichen: Was macht ein Geistheiler denn eigentlich? Und wie macht er es? Und wirkt es überhaupt?

Um es bereits vorwegzunehmen: Ich glaube, Heiler können heilen. Denn ich glaube, diese Fähigkeit ist keineswegs ein Privileg. In einer englischen experimentellen Studie (die Quelle müsste ich allerdings suchen) konnte zum Beispiel nachgewiesen werden, dass Probanden, die „blind“ (das heißt unwissentlich) eine Touchless Therapy (also eine Behandlung ohne Berührung) erhalten haben verglichen mit der ebenfalls „blinden“ Kontrollgruppe signifikant schnellere Heilverläufe zeigten.

Dennoch gilt es zu wissen, dass es Heiler gibt und „Heiler“. Heiler sind solche, die tun, was sie versprechen. „Heiler“ hingegen sind solche, die lediglich so tun als ob und dafür sehr viel Geld verlangen.

Heilung am Telefon

Mein Experiment fand am Telefon statt. Heilung, muss man nämlich wissen, kennt weder Raum noch Zeit. Ich unterhielt mich mit einer älteren Dame, beschrieb ihr mein Problem und ließ mich auf das Kommende ein.

Was sie sagte, beinhaltete viel Wahrheit. Beispielsweise sprach sie über die Beziehung zwischen Gedanken und Krankheit und darüber, wie viel Einfluss jeder darauf hat, ob er gesund wird oder nicht. „Richtig„, dachte ich, da sowohl meine Erfahrungen als auch meine psychologischen Fachbücher dem nichts entgegenzusetzen hatten.

Bevor wir mit der Behandlung starteten, beschrieb mir die Heilerin zudem ausführlich ihre zahlreichen Erfolge. Ihre Absicht war offensichtlich, eine positive Erwartungshaltung in mir auszulösen, doch das scheiterte. Was anderen passiert, hat doch im Grunde nichts mit mir zu tun.

Und dann ging es los. Wir beendeten unser Gespräch und ich begab mich in eine entspannte Haltung. Nun würde Heilenergie fließen. An dieser Stelle kürze ich jedoch ab: Hinterher fühlte ich mich wie vorher. Dennoch bin ich froh, es ausprobiert zu haben, denn es hätte ebenso klappen können. Wer weiß schon, warum es nicht so war.

Wahrscheinlich bin ich resistent

Als Kind war ich nur selten krank. Einmal im Jahr, höchstens. Und natürlich sobald ich in Bus oder Auto saß und sich mir der Magen umdrehte. Doch diese Stärke wurde niemals hervorgehoben. Es waren immer die zarten, leisen Kinder, zu denen man sich drehte, um besser hören zu können, was sie sagen. Ich befürchte, genau daran habe ich seinerzeit Gefallen gefunden und es mir deshalb zu eigen gemacht. Und genau das war wohl das mit Abstand Blödeste, was mir hätte einfallen können. Denn dadurch bin ich nun vollkommen resistent gegen geistheilerisches Können. Mist aber auch.


(Foto: Adrien Converse – unsplash.com)