Es gibt Tage, an denen ich weder kann noch will. Ich fühle mich gefangen in meinem Körper, fühle mich durch ihn bevormundet und mit ihm allein gelassen. Ich wünschte mir, jemand käme und würde mich retten. Es müsste kein Prinz auf einem edlen Ross sein. Jemand, der mich nicht auslacht, würde schon reichen.


Was würde ich geben

Lange Zeit wusste ich nicht, was Glück für mich bedeutet. Deshalb beobachtete ich die vermeintlich glücklichen Menschen auf der Straße und rätselte über deren Gemeinsamkeiten. Viele, die lächelten, trugen hübsche Kleidung oder saßen in einem großen Auto. Manche hatten eine Aktentasche voller wichtiger Aufgaben bei sich oder führten einen Hund spazieren. Sie alle besaßen irgendetwas, was mich glauben ließ, mir fehlt etwas. Doch als ich viele dieser Dinge schließlich hatte, wurde ich trotzdem nicht glücklich – schlimmer noch: Ich wurde krank.

Zuerst ärgerte mich chronischer Schwindel, den kein Arzt zu erklären wusste, und später kamen allerhand bedrohliche Besonderheiten hinzu. Spätestens nach dem ersten körperlichen Zusammenbruch weiß ich sehr wohl, was mich glücklich machen würde: Gesundheit!

„Was würde ich alles geben…“, denke ich oftmals und stelle mir vor, wie ich ohne Auto, ohne hübsche Kleidung, ohne Aktentasche (bestimmt liegt irgendwo eine rum) und ohne… Nein, Halt! Unser lieber Hund bleibt selbstverständlich bei uns! Jedenfalls stelle ich mir vor, wie all das weg wäre und ich stattdessen gesund meine kleine Welt genießen könnte.

Hinter der Tür

Längst weiß ich, dass ich Unterstützung benötige – zumindest was meine Physis betrifft. Und was ich vor allem brauche ist eine Diagnose. Doch so einfach, wie ich immer dachte, ist das gar nicht. Denn die meisten Ärzte, die ich aufgesucht habe, wollten mir noch nicht einmal zuhören. Selbst wenn sie fünf Minuten erübrigen konnten, stellten sie mich hinterher unzählige Male lachend auf die Straße.

Ein Neurologe sagte einst: „Sie haben Schwindelattacken, wenn Sie liegen und sitzen? Ja dann setzen Sie sich halt nicht mehr hin. Naja, es könnte schon sein, dass Sie einen Kleinhirnschaden haben. Machen Sie Pilates. Meine Frau macht auch Pilates. Warum, das weiß ich auch nicht. Das ist doch alles Humbug!“ Und plötzlich stand ich hinter der Tür. Im Regen. Ein anderer Arzt, der mich wie eine Nichtsnutzin behandelte, sagte bei unserer ersten Begegnung: „Was wollen Sie von mir? Bisschen Urlaub?“ Wieder ging die Tür zu. Wieder Regen.

Noch schneller geht so etwas, wenn man sich anmaßt, Ideen zu äußern oder die halbherzigen Diagnosen der Ärzte infrage zu stellen. Doch soll man nach einem fünfminütigen Gespräch einfach hinnehmen, „nur psychisch krank“ und damit völlig allein zu sein? Ich würde es vielleicht hinnehmen, doch ich bin mir selbst nun mal nicht egal.

Das Leben ist schön

Und trotzdem, all das hat auch etwas Gutes. Seit es mir nicht mehr gut geht, bemerke ich, wie schön das Leben sein kann. Wie schön Augenblicke zu zweit sind, oder Gerüche. Wie herrlich der Sommer ist oder ein überraschender Regenschauer beim Spazierengehen. Wie großartig es sich anfühlt, barfuß über feuchtes Gras zu laufen. Wie wertvoll Kleinigkeiten sind, sobald man beginnt, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Alles, von dem ich einst glaubte, es bereits zu kennen, zeigt mir täglich, wie aufregend und einzigartig es ist. Und das ist wunderbar.

Doch welcher Erkrankung habe ich das eigentlich zu verdanken? Ich hege insgeheim einen Verdacht, hoffe jedoch, dass ich mich irre. Fühlt euch eingeladen, mich auf meiner Suche nach Antworten zu begleiten.