In Filmen sieht immer alles so einfach aus, findet ihr nicht? Haushalt, Geburten, Babys zum Schlafen bringen – das ganze Leben eben. Und für die ersten beiden Punkte mag das sogar zutreffen. 😉 Punkt Nummer drei sehe ich jedoch unabrückbar kritisch.


Die Kleinen wie Puppen hinzulegen, auf dass sich prompt ihre Augen schließen und tiefer Schlaf Mama erlaubt, ihre Lieblingsserie anzuschalten, ist für mich ein illusorischer, fast schon provozierender Mythos. In Wahrheit ist es nämlich vor allem eines: ein Wechselspiel aus Versuch und Irrtum. Nur, weil Baby müde ist, bedeutet das nicht, dass es schläft. „Schlafen lernen“, wie in manch fragwürdiger Literatur veranschaulicht, muss es jedoch trotzdem nicht. Denn in der Regel kann Baby das. Die Frage ist deshalb nicht „ob“, sondern „wie“.

Wie will mein Kind schlafen?

Filme, Bücher, die Verwandtschaft sowieso und das daraus entstandene Gemisch ließen meinen Mann und mich anfangs zweifeln: „Was machen wir denn nur falsch?“, grübelten wir auf der Suche nach unerkannten Hindernissen, die unsere Tochter vom Schlafen abhielten. Die Matratze im Kinderbett war in bester Ordnung, ja, sogar weit mehr als das, nämlich sauteuer war sie und obendrein besser als unsere eigene. Der Schlafanzug kratzte auch nicht. Die Zimmertemperatur entsprach den Vorgaben sämtlicher Broschüren zum Thema Babys Schlaf, ebenso der Sauerstoffgehalt und die, im Falle einer Erkältung, mittels Wasserschalen gewährleistete Luftfeuchtigkeit.

Doch unserer Tochter war all das pupsegal. Sie musste gewusst haben, dass in Filmen und Hochglanz-Broschüren immer alles inszeniert ist und protestierte lautstark gegen das Alleinsein im Kinderbett. Und das zu recht!

Da sein

Stellt euch doch bitte mal vor, wie hilflos unsere Kleinen ganz am Anfang sind. Sie können sich nicht selbst ernähren, sie können sich nicht wehren und nicht einmal verstecken, sobald sie Angst bekommen. Und all das wissen sie. Sicherlich nicht bewusst. Doch etwas in ihnen weiß, dass Alleinsein der allerschlimmste Zustand ist, in den sie jemals geraten könnten. Würdet ihr nicht auch schreien? Würdet ihr nicht lauthals brüllen, bis jemand käme, um euch zu beschützen? Genau das tun unsere Kleinen. Und ich finde, dies ist wirklich mit Abstand der unpassendste Grund, den Zeigefinger zu erheben. Es ist vielmehr ein Grund mehr, für unsere Kinder da zu sein.

Der Irrsinn mit den Ansprüchen 

Stattdessen ist intensives Kümmern zu etwas geworden, wofür man glaubt, sich rechtfertigen zu müssen. Wenn einem das jedoch zu mühselig ist, stellt man sich einfach erhobenen Hauptes in die Mitte eines gut besuchten Raumes und redet von seinem Dasein als Elternteil wie Folgt:

„Wir haben den Anspruch, dass unser Kind im Kinderbett schläft.“

Da kräuseln sich einem doch die Zehennägel, nicht? Die Welt steht Kopf und die Gehirne der Menschen sind zu Kartoffeln geworden. Wenn, von den Rechtswissenschaften einmal abgesehen, überhaupt von Ansprüchen die Rede sein darf, dann muss der Spieß umgedreht werden. Nicht wir – also diejenigen, die sich in der Welt (irgendwie) zurechtfinden oder zumindest ausreichend Zeit hatten, es (irgendwie) zu lernen – dürfen Ansprüche an unsere Kinder stellen. Sondern umgekehrt. Diejenigen, die durch uns schlagartig in eine völlig unbekannte Umgebung katapultiert worden sind, dürfen an uns den Anspruch stellen, dass wir sie bestmöglich damit vertraut machen. Doch nicht, indem wir sie sich selbst überlassen. Würdet ihr jemanden allein lassen, wenn ihr wollt, dass er sich in eurem Haus zurechtfindet? Selbstverständlich würde er das mit der Zeit. Auch ohne euch, zweifellos. Doch das Leben ist ein Haus mit mehr als einer Treppe, hunderten Etagen und dunklen Kammern, in denen manchmal nur ein Erwachsener an den Lichtschalter gelangen kann – wenn überhaupt. In so einem Durcheinander kann doch Nähe niemals etwas Schlechtes sein.

Was denkt ihr?


(Foto: Guillaume Maurice- Pixabay.com)