Spielplätze sind wirklich wunderbare Orte. Ich könnte ihnen täglich einen Besuch abstatten, ohne dass die Gefahr bestünde, irgendwann an Langeweile zu geraten. Das gilt zumindest für jene, die meine Familie und ich schon seit Jahren mehrmals in der Woche lawinenartig überrollen. Klar, einerseits hat das mit den Spielgeräten dort zu tun. Doch fast genauso spannend sind für mich die anderen Familien. Für unsere Tochter übrigens auch. Kaum unaufdringlicher als ein Schwarm Stechmücken schwirrt sie mit Vorliebe um die vielfältigen Konflikte zwischen Kindern und ihren Eltern, sodass wir auf dem Nachhauseweg immer reichlich Gesprächsstoff auszuklamüsern haben. Neulich stellte sie mir folgende Frage:


„Mama, warum hat die Frau so böse geschrien?“

Sie meinte die Mutter eines Mädchens, mit der unsere Tochter eine Weile Verstecken gespielt hatte.

„Weil ihre Tochter ausgerutscht ist“, antwortete ich zögernd und beließ es für den Moment dabei. Insgeheim hoffte ich, unsere Tochter könne den Widersinn darin von selbst entdecken. Das müsste sie, dachte ich, es sei denn, diese Mutter und ich haben mehr gemeinsam als mir lieb ist.

„Mama?“, kam auch schon die entlastende Frage. „Warum ist die Frau deshalb so böse?“

„Naja“, druckste ich und dachte darüber nach: Warum schreit diese Mutter ihr Kind an, wenn es verletzt am Boden liegt und weint? Und weshalb steht der Vater daneben und lacht?

„Ich denke, die Mama hat heute einen schlechten Tag. Vielleicht ist sie traurig oder es geht ihr nicht gut. Manchmal schimpfen Erwachsene mit ihren Kindern, obwohl die Kinder nichts Schlimmes getan haben.“

„Ach so“, sagte unsere Tochter und wurde plötzlich ernst. „Dann muss die Mama sich aber entschuldigen!“

In diesem Moment musste ich lächeln. Sie hatte ganz recht. Auch ein Erwachsener darf und sollte sich bei seinen Kindern entschuldigen, wenn er etwas Schlimmes getan oder gesagt hat. Höheres Alter entbindet ihn davon meiner Ansicht nach nicht, ganz im Gegenteil. Eine Entschuldigung zeugt nicht nur von Reife, sondern auch von Wertschätzung und Respekt.

Ich kann mich nicht erinnern, dass sich damals, zu meiner Zeit als Kind, ein Erwachsener bei mir entschuldigt hätte. Einmal nieste mir einer auf den Kopf und schimpfte mich, da ich es wagte, darüber die Stimme zu erheben – keine Entschuldigung. Stattdessen wurde ich bestraft. Manch einem sollte es deshalb vielleicht zu denken geben, dass Kinder, die niemals eine Entschuldigung erfahren, selbst Probleme haben werden, diese Form der Wertschätzung zu zeigen. Ich jedenfalls bringe ein „Es tut mir leid“ selbst heute nur schwer über die Lippen.

Aber wisst ihr, was an der ganzen Situation das Schlimmste für mich war? Nicht, dass diese Mutter so geschrien hat. Auch nicht, dass sie sich nicht entschuldigt hat, denn vielleicht hatte sie es zumindest vor. Das Schlimmste war, dass der Papa der Kleinen daneben stand und lachte. Dafür fiel selbst mir keine Erklärung ein …